Corona-Pandemie: Eine Sammlung von Datenschutz-Falschmeldungen
Im Microblog »Der Datenschutz als willkommener Buhmann in der Pandemie« hatte ich aufgezeigt, wie der Datenschutz als Prügelknabe herhalten muss. Zitat aus dem Beitrag:
In Zeiten der Corona-Pandemie vergeht kaum ein Tag, an dem der Datenschutz nicht als Buhmann herhalten muss. Diverse Aussagen von (führenden) Politikern und Medienbeiträge haben es geschafft, so viel Unsicherheit und Falschinformationen zu streuen, dass der Datenschutz gemeinhin nun als »Verhinderer« wahrgenommen wird.
Anbei eine Auswahl an solchen Datenschutz-Falschmeldungen, die dazu beitragen, dass Datenschutz als »Verhinderer« wahrgenommen wird.
Medienbeiträge
- Zwangsnutzung Corona-Warn-App
- Kritik an Datenschutz: Bitkom fordert Zwangsnutzung von Corona-Apps (März 2021, golem.de)
- Nida-Rümelin kritisiert Festhalten an Datenschutz (März 2021, Deutschlandfunk)
- Richtig ist: Akzeptanz schafft man nicht durch Zwang und Vorschriften, sondern über Vertrauen und Dialog. Eine verpflichtende Nutzung der Corona-Warn-App wäre nicht nur ein empfindlicher Eingriff in die Grundrechte, sondern würde vermutlich auch das Gegenteil bewirken: Eine Nicht-Nutzung bzw. Protest und Verzicht. Es ist einfach illusorisch zu glauben, man könne solch eine App verpflichtend machen. Ein Konzept, das vorsieht, jeder besitzt ein Smartphone, hat es immer dabei und aufgeladen, ist zum Scheitern verurteilt. Gerade die besonders betroffenen Personen im Alter zwischen 70-90 Jahre besitzen überwiegend überhaupt kein Smartphone.
- Datenschutz behinderte Betrugsbekämpfung bei Corona-Hilfen (März 2021, welt.de) – Richtig ist: Es ist das Steuergeheimnis.
- Kretschmann: Warn-App wegen Datenschutz «nur eine Krücke» (Februar 2021, welt.de) – Richtig ist: Die Kritik am Datenschutz ist vorgeschoben. Die Bundesregierung hat den Ausbau der Corona-Warn-App schlichtweg versäumt und bspw. die Cluster-Erkennung (bisher) nicht integriert. Davon abgesehen haben wir strukturelle Probleme, die sich mit dem Ruf nach »weniger Datenschutz« nicht einfach lösen lassen. So sind bspw. noch immer nicht (alle) Gesundheitsämter an eine digitale Infrastruktur (SORMAS) angeschlossen und generell mit der Nachverfolgung überfordert. Weniger Datenschutz bzw. die Anhäufung von mehr Daten würde uns daher nicht wirklich weiterbringen – die Gesundheitsämter sind schlichtweg überfordert. Insgesamt ist die Corona-Warn-App ein wichtiges Instrument in der Pandemiebekämpfung, aber kein Wundermittel – eben diese Erwartungshaltung wird bzw. wurde allerdings von einigen Protagonisten geschürt. Jetzt ist die Enttäuschung groß und der Datenschutz muss als Sündenbock herhalten.
- Datenschutz-Wahnsinn bei Impf-Briefen Länder müssen sich Adressen von der Post holen (Januar 2021, BILD) – Richtig ist: Der Datenschutz steht der Erhebung amtlicher Daten nicht im Weg.
Zitate aus sozialen Medien
Werden auch diese Krise überwinden. Frage ist, wie kaputt werden Land & Menschen sein? Wie stark sind die Rechten? Machen wir ernst mit Digitalisierung? Wie umgehen mit Datenschutzwahn? Und Bürokratie? Dieses „Nichts Halbes, nichts Ganzes“ geht nicht mehr. braucht echten Reset
@SawsanChebli ca. 92.000 Follower, März 2021, Twitter
Richtig ist: Welche (Corona-)Maßnahmen scheitern denn aktuell am »Datenschutzwahn« bzw. inwiefern verschlimmert der Datenschutz die Krise?
Liebe Datenschützer, ich kann dass „Es liegt nicht am #Datenschutz“ nicht mehr hören. Der Datenschutz steht überall im Weg. Wir sind nicht alle #Datenschutzbeauftragte oder sogar Datenschutzrechtler. Dass es im Datenschutzrecht für alles eine Lösung geben mag, ist schön für die, [weitere Twitter-Beiträge]
@Gerstenberg_IP, März 2021, Twitter
Richtig ist: Dieser Twitter-Thread ist ein gutes Beispiel dafür, wie Unkenntnis und diffuse Ängste dazu beitragen, dass der Datenschutz als »Verhinderer« wahrgenommen wird. Nahezu alle Aussagen (wenn nicht sogar alle) sind längst widerlegt. Ich glaube, wir sind uns einig: Das kollektive Einstimmen in die Empörung und das Solidarisieren mit falschen Aussagen bringen uns nicht weiter, sondern tragen dazu bei, dass sich Missverständnisse und Halb-Wahrheiten verbreiten.