E-Privacy-Verordnung: »Europa darf die Datenrevolution nicht verpassen«

In einem offenen Brief »Europa darf die Datenrevolution nicht verpassen« richten sich Lobbyverbände und Unternehmen gegen die geplante E-Privacy-Verordnung. Werfen wir doch mal einen Blick in den offenen Brief. Dort heißt es in einem Unterpunkt:

Die Regie über „Cookie“-Tracker soll an die Browser-Software übertragen werden. Somit werden Internetnutzer davon abgehalten, bewusst darüber zu entscheiden, welche Beziehung sie zu jeder einzelnen Website pflegen möchten. Diese Maßnahme würde einen erheblichen Nachteil für junge Unternehmen bedeuten, da sie ihre Möglichkeit, mit gezielten und relevanten Botschaften Werbeeinnahmen zu erzielen, einschränken würde. Des Weiteren würde Potential, in Europa in Qualitätsjournalismus zu investieren, erheblich geschwächt. Presseverlage und Medienhäuser würden daran gehindert, eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Lesern und Kunden aufzubauen und ihre redaktionellen Inhalte zu vermarkten;

Was für eine schizophrene Wahrnehmung der Realität. In welchem Paralleluniversum können Internetnutzer heute denn »bewusst darüber entscheiden, welche Beziehung sie zu jeder einzelnen Webseite pflegen möchten«? Die Realität sieht heute so aus:

Bisher gilt in Deutschland gemäß § 15 Abs. 3 TMG für die Verwendung von Cookies die sog. Opt-Out-Lösung bspw. über AdChoices. Das bedeutet: Ich muss als Nutzer aktiv werden, wenn ich von Unternehmen nicht getrackt werden möchte, die Nutzungsprofile (via Cookies) von mir beim Aufruf einer Webseite erstellen. Die Webseitenbetreiber müssen über das Tracking lediglich in der Datenschutzerklärung informieren – den Opt-Out gegen das Tracking muss der Nutzer selbst durchführen. Das dies bei zigtausend Tracking-Unternehmen mittlerweile ein Kampf gegen Windmühlen ist, sollte jedem einleuchten.

Künftig soll es so sein: Möchte man weiterhin Nutzungsprofile erstellen, so wird dies künftig nur nach vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Nutzers möglich sein.

Verständlich also, dass die Werbe- und Marketinglobby gegen die E-Privacy-Verordnung Stimmung macht. Aus Verbrauchersicht kann man nur hoffen, dass dieser klägliche Aufschrei und die verquere Darstellung der Wirklichkeit auf taube Ohren bei der zuständigen EU-Instanz stößt. Wer von »Datenrevolution« redet, hat doch nur seine eigenen Interessen im Sinn.

Hinweis: Am Ende des offenen Briefs sind die Logos der Mitzeichner dargestellt. Solltet ihr euch gut einprägen.

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