Gmail: Google liest eure E-Mails mit

Der vorliegende Microblog ist ein Ausschnitt aus dem Artikel »Adieu Gmail, GMX, Outlook und Co. – Digitale Selbstbestimmung Teil1«. Da die Verbreitung von Gmail auch in Deutschland hoch ist, finde ich es wichtig, die Nutzer über das automatisierte Auswerten von E-Mails zu informieren, wie Google es durchführt. Es betrifft nicht nur die Nutzer von Gmail, sondern auch all jene, die mit Gmail-Nutzern in Kontakt stehen.

Vor Jahren lief in den USA eine Klage gegen Google (es gibt noch weitere), die das Scannen/Mitlesen von E-Mails nicht als »normale Geschäftstätigkeit« einstufte. Eine Ankündigung von Google hat im Sommer 2017 dann für Aufsehen gesorgt:

G Suite’s Gmail is already not used as input for ads personalization, and Google has decided to follow suit later this year in our free consumer Gmail service. Consumer Gmail content will not be used or scanned for any ads personalization after this change.

[…]

Aufgrund dieser Meldung konnte man schnell den Eindruck gewinnen, dass Google das umstrittene bzw. automatisierte Mitlesen/Scannen von E-Mails nun vollständig eingestellt hat. Das haben sie allerdings nicht. Als Gmail-Nutzer sollte man sich vor Augen führen, dass jede ein- und ausgehende E-Mail von Google automatisiert gescannt bzw. analysiert wird. Google verwendet die Inhalts- bzw. Meta-Daten lediglich nicht mehr für interessenbezogene Werbung. Andere Nutzungszwecke hat Google allerdings nicht ausgeschlossen – das steht auch explizit in der Datenschutzerklärung (Stand 15.03.2021):

Wir erheben auch die Inhalte, die Sie bei der Nutzung unserer Dienste erstellen, hochladen oder von anderen erhalten. Dazu gehören beispielsweise E-Mails, die Sie verfassen und empfangen, Fotos und Videos, die Sie speichern, Dokumente und Tabellen, die Sie erstellen, und Kommentare, die Sie zu YouTube-Videos schreiben.

Richtig ist also: Google wertet die E-Mails der Nutzer auch weiterhin aus, äußert sich allerdings schwammig, wenn es um die Details geht. Aus den E-Mails lassen sich eine Menge an Erkenntnissen gewinnen, die Google bspw. einem Profil zuordnen kann:

  • Mit wem man wann in Kontakt steht
  • Betreff, Absender, Links, Stichwörter etc.
  • Auslesen aller Kalendereinträge (bspw. Vereinssport, Paarberatung etc.)
  • Auswertung von Datenpunkten (siehe Beispiel Facebook) wie:
    • Wohnort
    • Alter
    • Bildungsniveau
    • Hausgröße
    • Interessen
    • […]

Wozu Google unter anderem fähig ist zeigen die smarten Gmail-Funktionen, die bspw. eine automatische Sortierung und Kategorisierung von Nachrichten ermöglicht, Event-Infos extrahiert und daraus automatisch Kalendereinträge erstellt oder an fällige Rechnung erinnert. Die Deaktivierung dieser Funktion bedeutet übrigens nicht, dass Google nicht auch weiterhin die ein- und ausgehenden E-Mails scannt/auswertet.

Jetzt kann man argumentieren:

Dann nutze Gmail einfach nicht!

Das Argument greift allerdings zu kurz. Denn selbst wenn man Gmail selbst nicht nutzt, dann schaut doch einfach mal nach, wie viele eurer Kontakte dies tun. Na fällt euch etwas auf? Immer wenn ihr an einen dieser Gmail-Kontakte etwas schreibt, dann scannt Google auch eure E-Mails. Google macht auch daraus keinen Hehl:

Dazu gehören beispielsweise E-Mails, die Sie verfassen und empfangen, Fotos und Videos, die Sie speichern, Dokumente und Tabellen, die Sie erstellen, und Kommentare, die Sie zu YouTube-Videos schreiben.

Ein Gmail-Nutzer mag der Auswertung seiner E-Mail-Inhalte zugestimmt haben. Doch für jemanden, der kein Gmail-Konto besitzt, gilt diese Vereinbarung nicht – und dennoch werden beim Versenden an Gmail-Konten auch »fremde« Inhalte gescannt und ausgewertet. Eben aus jedem Grund nutze ich übrigens einen Gmail-Auto-Responder, der Gmail-Nutzern einen Hinweis zukommen lässt. Wer Gmail nicht nutzt, sollte seine Kommunikation mit Gmail-Kontakten kritisch gegenüberstehen. Denn niemand kann garantieren, dass Google keine Schattenprofile anlegt, wie sie bspw. Facebook über Nicht-Nutzer anlegt.

Hinweis

Kunden von Google Workspace (ehemals G Suite) sollten sich die dazugehörige Datenschutz-Folgenabschätzung (12. Februar 2021) der niederländische Aufsichtsbehörde genau durchlesen – wer den Dienst danach noch nutzen möchte, Hut ab!
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