Musterbeispiel für politisches Versagen im Schulwesen – Datenschutz als Sündenbock

Mich erreichte der folgende Leserbrief:

Leserbrief

Hallo Mike,

für deine Rubrik „Datenschutz als Sündenbock“ etwas aus Bayern. Es geht um die „Zeitverzögerung und Kostenexplosion“ der dortigen „Amtlichen Schuldatenverwaltung“ und „Amtlichen Schulverwaltung“ (die in Kooperation mit BaWü erstellt wird). Was passiert ist:

Wegen schwerer Fehler und Versäumnisse im Projektmanagement hätten sich die ursprünglich mit elf Millionen Euro angegebenen Kosten bis heute auf 270 Millionen vervielfacht, ohne dass die Software bis heute richtig funktioniere.

Das 2004 gestartete Projekt soll sich bis zu seinem Abschluss noch bis 2028 hinziehen und hätte dann fast ein viertel Jahrhundert Umsetzungszeit in Anspruch genommen.

Die Ausrede:

Das bayerische Schulsystem habe sich während der Installation der Software dynamisch entwickelt, der Datenschutz habe „einiges umgeschmissen“ und inzwischen gebe es einige Softwareprogramme „von der Stange“ zu kaufen, die man nicht mühsam ein zweites Mal erfinden müsse.

Quelle: https://www.nordbayern.de/politik/alles-falsch-gemacht-digitalisierung-der-schuldaten-dauert-in-bayern-ein-vierteljahrhundert-1.11152469

Aus einem Interview mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen, eine ähnliche Begründung:

Können Sie nachvollziehen, warum die Kosten so explodiert sind? Das Kultusministerium ist mit weit über 100.000 Mitarbeitern und fast zwei Millionen Schülern das mit Abstand größte Ministerium. Auch die Vielfalt der Privatschulen darf dabei nicht übersehen werden. Die Anforderungen an die EDV sind zudem in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Lehrer, Eltern und Schüler erwarten ein hohes Niveau beim Schutz ihrer persönlichen Daten. Außerdem hat der Freistaat hier auch eine Vorbildfunktion. […]

Quelle: https://www.abendzeitung-muenchen.de/bayern/haushaltsausschuss-chef-bayerns-schulsoftware-ein-trauriges-kapitel-art-732799

Klassischer Fall

Dieses Verhalten kennen wir. Ich zitiere mal aus dem Beitrag »Kommentar: Der Datenschutz als Sündenbock in der Corona-Pandemie«:

Die mangelnde Bereitschaft, sich mit einem Thema zu befassen, und stattdessen lieber die Mär vom bösen Datenschutz zu verbreiten ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Gerade Politiker und Verantwortliche neigen dazu, in das allgemeine Befinden mit einzustimmen, um von den eigenen Versäumnissen und Versagen abzulenken. Das ist plump, das ist durchschaubar, das ist demokratiezersetzend – aktuell offenbar ein heißer Trend.

Datenschutz als Sündenbock bzw. um von den eigenen Versäumnissen und Versagen abzulenken. Die Karte wird immer gerne gespielt – insbesondere von Falschspielern.

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