Signal Payments: Wie man gewonnenes Vertrauen verspielt

Der Messenger Signal hat sich über die Jahre einen guten Ruf erarbeitet und das Vertrauen vieler Nutzer gewonnen. Er zählt zu einem jener Messenger, der gerade für Wechselwillige, die WhatsApp (endlich) hinter sich lassen möchten, eine empfehlenswerte Alternative darstellt. Diese Einschätzung mag sich nach der Ankündigung von Signal Payments nun grundlegend ändern.

Mit dem Einbau von Signal Payments wird nun das Senden/Empfangen von MobileCoin bzw. eine Bezahlfunktion integriert, die nach meiner Auffassung nicht Teil eines Messengers sein sollte. Der Fokus von Signal lag bisher immer auf Kommunikation – also dem Austausch von Nachrichten bzw. Medien. Der zusätzliche Code erhöht die Komplexität unnötig und wird damit die Angriffsfläche vergrößern. Davon abgesehen wird der Messenger damit vermutlich auch zum Ziel von Scammern/Betrügern.

Klar – man kann es nicht jedem recht machen. Aber das ist ein bedenklicher Schritt der Signal Foundation, der das Vertrauen in den Messenger stark beschädigt, wenn nicht gar nachhaltig zerstört. Die Kernkompetenz eines Messengers sollte nun mal die Übermittlung/Empfang von Nachrichten sein (inkl. Bilder und Audio) und kein Crypto-Bezahl-Bullshit. Weshalb lagert man eine solche Funktion nicht in eine eigenständige App aus? Es sieht ganz danach aus, also wolle Signal WhatsApp nacheifern bzw. alle Funktionen übernehmen – dazu zählt dann offenbar auch die Funktion WhatsApp Pay.

Als Konsequenz habe ich die Messenger-Matrix angepasst und Signal abgewertet. Im Gesamturteil tendiert der Messenger aktuell zu »gelb«. In den kommenden Wochen/Monaten wird sich vermutlich abzeichnen, wohin die Reise geht. Ich behalte mir eine entsprechende Abwertung zu »gelb« bzw. eingeschränkt empfehlenswert vor.

Diese (bedenkliche) Entwicklung demonstriert wieder eindrucksvoll: Als Nutzer eines Messengers ist man den Entscheidungen des Anbieters quasi ausgeliefert. Ändert dieser die Ausrichtung des Messengers oder integriert Funktionen, mit denen man nicht einverstanden ist, kann man die Konsequenz ziehen und sein Konto schließen. Und dann? Zieht man dann weiter zum nächsten Messenger und hofft, dass dieser die eigenen Ansprüche endlich dauerhaft erfüllt? Wie argumentiert man den Wechsel gegenüber seinen bisherigen Kontakten?

Hinweis: Bruce Schneier sieht das übrigens ähnlich – und dieser wird prominent auf der Signal-Webseite dargetellt. Schauen wir mal, ob die Kritik bis zu den Signal-Verantwortlichen durchdringt.

09.04.2021: Threema äußert sich auf Nachfrage zu einer Krypto-Bezahlfunktion übrigens wie folgt:

Nein, wir arbeiten nicht an einem entsprechenden Feature, und mit Threema wird es auch in Zukunft nicht möglich sein, Zahlungen zu tätigen – aus gutem Grund.

[…]

Unserer Ansicht nach ist sicheres Messaging daher nicht mit Zahlungsabwicklungen vereinbar.

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