Trügerische Sicherheit: Virenscanner-Apps sind schlichtweg überflüssig

1. Irreführende Meldungen/StatistikenVirenscanner-App

Regelmäßig machen Meldungen zu Trojanern, Viren und anderer Schadsoftware (engl. Malware) die Runde. Befeuert durch Statistiken, die aufzeigen, wie bedroht mobile Plattformen wie Android und iOS sind, lassen sich die meisten Nutzer verunsichern und installieren Virenscanner-Apps, die einen Schutz vor Schadsoftware versprechen. Herausgeber solcher Statistiken/Studien sind überwiegend Antiviren-Hersteller wie Kaspersky und Co. – sie sind also weder objektiv noch unabhängig.

Im vorliegenden Beitrag möchte ich aufzeigen, wie eingeschränkt der Funktionsumfang von Virenscanner-Apps auf mobilen Plattformen ist und wie wenig sie zum Schutz beitragen. Im Gegenteil: Die meisten Virenscanner-Apps können locker mit Schadsoftware mithalten, da sie mehr Daten an den Anbieter oder Marketing-Unternehmen übermitteln, als für die Funktionserbringung notwendig.

2. Virenscanner: Das moderne Schlangenöl?

Antiviren-Scanner (AV-Scanner) werden heutzutage von vielen Nutzern als die Schutzmaßnahme Nummer eins im Kampf gegen Schadsoftware angesehen. Als Schadsoftware (engl. Malware) wird in der IT-Sicherheit all jene Software bezeichnet, die eine Bedrohung für ein IT-System darstellen kann. Die oftmals schadhaften Programme/Apps werden entwickelt, um unerwünschte und gegebenenfalls schädliche Funktionen auf einem IT-System auszuführen. Bekannte Vertreter der Kategorie Schadsoftware sind bspw. Viren, Würmer oder trojanische Pferde.

Unter Sicherheitsexperten wird Antiviren-Software häufig als »Schlangenöl« bezeichnet. Die Anspielung geht auf den Wilden Westen zurück, als Quacksalber teure, aber wirkungslose Medizin an gutgläubige Kunden verkauft haben. Das Schlangenöl hatte oftmals, weil es wenig fachmännisch hergestellt wurde, auch gravierende Nebenwirkungen auf die Gesundheit der Patienten. Der immer wieder aufkommende Vorwurf, dass AV-Software lediglich »Schlangenöl« sei, ist jedoch nicht unumstritten und wird kontrovers diskutiert.

Hinweis

Nach meiner Auffassung eignen sich AV-Scanner nur bedingt, um ein System und die darauf befindlichen Daten nachhaltig vor Schadsoftware zu schützen. Vielmehr sollte diesbezüglich immer auch bedacht werden, dass eine AV-Software selbst, aufgrund der Menge an möglicherweise in ihr schlummernden und noch nicht gefundenen bzw. veröffentlichten Sicherheitslücken, ein Einfallstor für Schadsoftware darstellen kann. In der Artikelserie »Snakeoil« wird dies ausführlich beleuchtet. Klare Leseempfehlung für mehr Hintergrundwissen.

3. Schadsoftware unter Android/iOS

Die wichtigste Information vorab: Für Android/iOS gibt es keine klassischen Viren, die sich von selbst verbreiten. Bösewichte/Kriminelle müssen Smartphone-Nutzer dazu bekommen, ein Schadprogramm zu installieren. Das bedeutet:

Damit eine schädliche App den Weg auf Android/iOS findet, müsst ihr sie selbst installieren.

3.1 Wie gelangt Schadsoftware auf Android/iOS?

Die wohl häufigste Ursache für die Verbreitung von Schadsoftware auf Android/iOS ist der Nutzer selbst – gerade unter Android. Unter Android lassen sich Apps aus unterschiedlichen Quellen installieren. Dazu zählen bspw.:

  • Stores: App-Stores wie der Google Play Store
  • Links: Direktlinks zu Apps (APKs) auf dubiose/nicht vertrauenswürdige Webseiten
  • Empfangene Dateien: Zugesandte Apps (APKs) im E-Mail-Postfach oder Cloud-Speicher

Diese Freiheit hat ihren Preis: Die Installation einer App/APK-Datei, die nicht aus vertrauenswürdigen Quellen stammt, kann mit einem erheblichen Risiko für die Sicherheit/Privatsphäre einhergehen. Oftmals beinhalten diese Apps/APKs schädliche Funktionen wie das Auslesen persönlicher Informationen oder das Abgreifen von sensiblen Banking-TANs. Es ist also meist auf die Leichtsinnigkeit/Gutgläubigkeit eines Nutzers zurückzuführen, dass sich eine schädliche App auf einem Android-System einnistet.

In seltenen Fällen kann sich Schadsoftware auch ohne das Zutun eines Nutzers auf Android/iOS einnisten:

  • Sicherheitslücken: Professionelle Spionage-Software wie Pegasus und Co. nutzen bis dato unbekannte/nicht gemeldete Sicherheitslücken aus und verschaffen sich so umfassenden Zugang zum System bzw. den darauf befindlichen Daten. Der beste Schutz gegen Sicherheitslücken ist nach wie vor die zeitnahe Installation/Einspielung von System-Updates. Eine Virenscanner-App bietet in diesem Szenario keinen Schutz.
  • Bibliotheken/Software Development Kits (SDK): Im Sommer 2017 entdeckten Forscher rund 500 Apps im Googles Play-Store, in denen sich ein Schadprogramm verbarg. Das Besondere: Die Entwickler dieser Apps wussten wohl nichts davon, dass ihre App infiziert war. Sie hatten lediglich eine vorgefertigte Bibliotheke/Software Development Kit (SDK) in ihre App eingebaut, um Werbung von einem Werbenetzwerk zu integrieren. Wie solche Bibliotheken/Software Development Kits (SDK) in Apps unnötig die Sicherheit und den Datenschutz gefährden, habe ich bereits in diesem Beitrag aufgezeigt. Auch bei diesem Szenario bieten Virenscanner-Apps keinen Schutz.

Halten wir also fest: Außer in Ausnahmefällen – bei denen Virenscanner-Apps keinen Schutz bieten – installieren sich Anwender schädliche Apps selbst auf ihrem System.

3.2 Android

Aufgrund der Offenheit bzw. der Möglichkeit, sich Apps aus unbekannten Quellen zu installieren, ist die Android-Plattform ein Paradies für schädliche Apps und damit für Betrüger/Kriminelle/Bösewichte. Die regelmäßigen Meldungen zur Bedrohungslage auf Android und die damit einhergehenden Statistiken sind daher nicht falsch, aber meist irreführend und nicht objektiv. Diese (Horror-)Meldungen machen sich Anbieter von Virenscanner-Apps zunutze, um ihre Produkte zu bewerben – gerade bei unbedarften/uninformierten Nutzern dürfte dies auf viel Resonanz stoßen.

Das tatsächliche Risiko, sich eine Schadsoftware auf Android einzufangen, ist in Wirklichkeit äußerst gering – sofern man nicht jede App installiert, die bei drei nicht auf den Bäumen ist. Unter Ziffer 6 (Wie kann ich Schadsoftware vermeiden?) sind Tipps zusammengefasst, die das Risiko, von einer Schadsoftware betroffen zu sein, erheblich reduzieren.

3.3 iOS

Im Gegensatz zu Android ist iOS ein strenger reglementiertes Ökosystem, bei dem die Installation aus unbekannten Quellen bzw. abseits von Apples App Stores nicht möglich ist – außer man umgeht diese Beschränkung durch einen Jailbreak. Das ist ein entscheidender Unterschied zu Android, denn diese Restriktion sorgt nämlich insgesamt für eine verschwindend geringe Anzahl an Schadsoftware im iOS-Universum. Im Gegensatz zu Android hat iOS also kaum/nicht mit Schadsoftware zu kämpfen.

Abgesehen vom Jailbreak gibt es allerdings eine offizielle Methode, mit denen sich Apps am App Store vorbei auf iOS-Geräten installieren lassen. Über sogenannte Firmenzertifikate können Unternehmen bei Apple eigene Zertifikate beantragen, um zum Beispiel firmeneigene Apps auf die Diensthandys ihrer Mitarbeiter zu laden. Über diesen Weg lassen sich dann modifizierte iOS-Apps am App Store vorbei auf iOS-Geräte schleusen.

Insgesamt ist die Gefahr, sich unter iOS eine Schadsoftware einzufangen, allerdings als äußerst gering zu bewerten.

3.4 Sicherheitsfunktionen der Hersteller

Sowohl Google als auch Apple prüfen Apps vor der Aufnahme in ihre Stores (automatisiert) auf schädliche Funktionen.

Bevor eine neue App in den Google Play Store aufgenommen wird, prüfen u.a. sog. Bouncer (engl. für Türsteher, Rausschmeißer) diese automatisch auf Schadsoftware. Dabei werden die Apps in einer virtuellen Umgebung zur Ausführung gebracht und abgeschirmt vom Hauptsystem auf ihr Verhalten und ihre Funktionsweise untersucht. Seit 2017 haben herkömmliche Android-Systeme zusätzlich den hauseigenen Scanner Google Play Protect integriert. Die Funktion ist Teil der Google-Play-Store-App und prüft jede App bei der Installation auf dem Smartphone sowie regelmäßig im späteren Betrieb – vergleichbar mit einer Virenscanner-App. Trotz dieser Maßnahmen, kann aber auch Google keinen schadsoftwarefreien Store gewährleisten:

Was man an dieser Stelle wissen sollte: Auch keine Virenscanner-App war zum Zeitpunkt der Verbreitung/Installation dieser Apps in der Lage, diese als Schadsoftware zu erkennen. Damit erübrigt sich die Diskussion, ob eine Virenscanner-App den Nutzer vor diesen schadhaften Apps geschützt hätte. Die Antwort ist: Nein.

Apple ist bei der Prüfung und Aufnahme von Apps in den App Store etwas restriktiver als Google. Aber auch Apple kann es nicht vermeiden, dass es Schadsoftware hin und wieder in den App Store schafft:

Im Jahr 2015 hat Apple einen wichtigen Schritt getan:

Apple ist so von seinem Betriebssystem iOS für mobile Geräte wie iPhone und iPad überzeugt, dass der Konzern derzeit alle Anti-Viren-Apps aus dem App Store verbannt. Da iOS gar nicht von Viren oder sonstigen Schadprogramme befallen werde, seien solche Angebote für die User „irreführend“, soll Apple argumentieren.

Seither tauchen zwar immer wieder namhafte Produkte im App Store auf – bspw. von Norton oder McAfee – doch die sind keine Virenscanner, sondern »Sicherheitstools« mit geringem/keinem Mehrwert.

4. Der eingeschränkte Funktionsumfang von Virenscanner-Apps

Weder Android noch iOS benötigt eine Virenscanner-App. Auf beiden Systemen werden Apps in einem eigenen isolierten Bereich (Sandbox) ausgeführt und damit (vollständig) vom System getrennt. Erst die sogenannten Berechtigungen (bspw. Kamera, Kalender etc.) ermöglichen den beschränkten Zugriff auf bestimmte Informationen/Schnittstellen des Systems bzw. der Nutzerdaten:

Keine Sandbox

Sandbox

Das Sandbox-Modell verhindert die von Desktop-Systemen (Windows, macOS etc.) bekannte/gewohnte Funktionalität eines Antiviren-Scanners. Denn damit eine Virenscanner-App wirksam arbeiten könnte, müsste sie tief in Android/iOS eindringen bzw. verankert sein. Aufgrund der strikten Trennung zwischen App und dem darunterliegenden System können Virenscanner-Apps allerdings nicht zuverlässig bzw. nur sehr eingeschränkt funktionieren. Innerhalb der Sandbox kann eine Virenscanner-App die Aktivitäten anderer Apps nicht analysieren – genau das wäre allerdings notwendig, um zu beurteilen, ob eine App schadhafte Funktionen ausführt.

Aus einem Bericht von AV-Comparatives aus dem Jahr 2019 geht hervor, dass Virenscanner-Apps nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten haben (Sandbox), um schädliche Apps bzw. bösartiges Verhalten zu erkennen. Sie verwenden lediglich einfache Listen, in denen schadhafte Apps/APKs hinterlegt sind. Bei einem Scanvorgang wird dann einfach jede installierte App/der Datenspeicher auf dem Smartphone gegen diese Liste überprüft – bei einem Treffer wird eine Warnung ausgegeben. Aufgrund der Systemarchitektur von Android/iOS kann eine Virenscanner-App also nicht den Funktionsumfang bieten, den Nutzer von Desktop-Systemen kennen. Einer Virenscanner-App ist daher bestenfalls ein Placeboeffekt zu bescheinigen.

Hinweis

Wie nutzlos Virenscanner-Apps sind, hatte ich bereits im Jahr 2013 aufgezeigt: Antivirus-Apps für Android – Sinnvoll oder nutzlos?

5. Ist das ein Virenscanner oder Schadsoftware?

Wie wenig Virenscanner-Apps zur Erhöhung/Verbesserung der Sicherheit auf mobilen Endgeräten beitragen, wurde bereits aufgezeigt. Nachfolgend möchte ich der Frage nachgehen, wie sicher und datenschutzfreundlich die Apps eigentlich sind. Diese beiden Faktoren werden erheblich durch externe Tracking-Bibliotheken beeinflusst, deren Einbindung ein unkalkulierbares Risiko für die Sicherheit und den Datenschutz darstellen können.

Mit der Installation einer Virenscanner-App geht der Nutzer eine Vertrauensbeziehung mit dem Anbieter ein. Der Nutzer muss dem Anbieter vertrauen, dass die Sicherheits-App keinen Schaden anrichtet und keine sensiblen Informationen an (Dritt-)Anbieter oder den Anbieter selbst übermittelt. Als Stichprobe habe ich Avira Security Antivirus & VPN (Android) untersucht, die in der Version 7.9.1 insgesamt 9 Tracker integriert hat. Ob das vernichtende Testergebnis stellvertretend für weitere Virenscanner-Apps steht, müssen weitere Analysen zeigen. Fakt ist, dass nahezu alle in der Tabelle aufgeführten Virenscanner-Apps zahlreiche Tracking-Anbieter in ihre Apps integrieren und damit beweisen, wie wenig sie die Sicherheit und den Datenschutz ihrer Nutzer im Fokus haben:

Virenscanner-App Tracker Unbedenklich Prüfbericht
AVG Antivirus (Google Play Store) 11 Tracker
AppLovin (MAX and SparkLabs)
AppsFlyer
Facebook Ads
Google AdMob
Google Analytics
Google CrashLytics
Google Firebase Analytics
IAB Open Measurement
Inmobi
Moat
Unity3d Ads
Nein Version 6.44.3
Avast Antivirus (Google Play Store) 11 Tracker
AppLovin (MAX and SparkLabs)
AppsFlyer
Facebook Ads
Google AdMob
Google Analytics
Google CrashLytics
Google Firebase Analytics
IAB Open Measurement
Inmobi
Moat
Unity3d Ads
Nein Version 6.44.2
Kaspersky Antivirus (Google Play Store) 5 Tracker
AppsFlyer
Google CrashLytics
Google Firebase Analytics
Huawei Mobile Services (HMS) Core
myTracker
Nein Version 11.76.4.6357
Avira Security Antivirus & VPN (Google Play Store) 9 Tracker
AppsFlyer
Facebook Analytics
Facebook Login
Facebook Share
Google Analytics
Google CrashLytics
Google Firebase Analytics
Google Tag Manager
MixPanel
Nein Version 7.9.1
Antivirus & Sicherheit Lookout (Google Play Store) 6 Tracker
Branch
Braze (formerly Appboy)
Google CrashLytics
Google Firebase Analytics
mParticle
Taplytics
Nein Version 10.40-b6e942a
Malwarebytes Sicherheit: Antivirus & Anti-Malware (Google Play Store) 4 Tracker
Google Analytics
Google CrashLytics
Google Firebase Analytics
Google Tag Manager
Nein Version 3.8.4.50
McAfee Mobile Security (Google Play Store) 4 Tracker
AppsFlyer
Google CrashLytics
Google Firebase Analytics
MoEngage
Nein Version 6.2.0.779
Norton 360: Mobile Security (Google Play Store) 6 Tracker
Adobe Experience Cloud
AppsFlyer
Google Analytics
Google CrashLytics
Google Firebase Analytics
Google Tag Manager
Nein Version 5.22.0.211117004
Bitdefender Mobile Security & Antivirus (Google Play Store) 5 Tracker
Adobe Experience Cloud
AppsFlyer
Google Analytics
Google CrashLytics
Google Firebase Analytics
Google Tag Manager
Nein Version 3.3.154.1874
Hypatia (F-Droid Store) Keine Tracker ⭐ Ja Version 2.20 (76)

Einzig der quelloffene Malware-Scanner Hypatia verzichtet auf die Integration von Tracking-Bibliotheken. Alle anderen Anbieter machen zum Teil exzessiven Gebrauch davon. Ein insgesamt erschreckendes Ergebnis.

6. Wie kann ich Schadsoftware vermeiden?

6.1 Android: Tipps zur Vermeidung von Schadsoftware

Android ist von seiner Konzeption ein ausgereiftes und sicheres System – sofern alle Sicherheitsupdates zeitnah eingespielt werden. Wenn ihr euch an die nachfolgenden Tipps haltet, reduziert sich die Wahrscheinlichkeit erheblich/gegen null, von Schadsoftware betroffen zu sein:

  • Bezugsquelle: Die Bezugsquelle für Apps sollten ausschließlich vertrauenswürdige App-Stores (Google Play Store, F-Droid) sein. Im Grunde genommen kann jeder einen Store eröffnen und dort seine Apps anbieten/vermarkten. Dabei ist in vielen Fällen ungeklärt, wer hinter dem Angebot steckt oder welche Prüfmethoden verwendet werden, bevor eine App im Store erscheint.
  • Dubiose Quellen vermeiden: Installiert keine Apps/APKs über Links, die euch jemand zusendet. Gerade als Laie ist der Download von Webseiten/Fremdquellen tabu. Es gilt nach wie vor: Als Bezugsquelle für Apps ausschließlich vertrauenswürdige App-Stores verwenden.
  • Genau hinschauen: Gerade im Google Play Store tummeln sich unglaublich viele Apps. Trotz der Anstrengungen von Google ist auch mal die ein oder andere Schadsoftware dabei. Es ist daher empfehlenswert, genau hinzuschauen und nicht jede App zu installieren. Insgesamt ist die Gefahr, sich über den Google Play Store eine Schadsoftware einzufangen, als gering zu bewerten.

Wer auf Android jedoch häufig Apps aus Fremdquellen (Webseiten etc.) herunterlädt, kann über die Installation einer Virenscanner-App nachdenken. Dann solltet ihr aber zumindest die Angebote aus dem Google Play Store meiden. Wie aufgezeigt, sind diese Apps wenig/nicht vertrauenswürdig. Im F-Droid-Store wird der quelloffene Malware-Scanner Hypatia angeboten, der keine (sensiblen) Daten an den Anbieter oder Marketing-Unternehmen übermittelt. Aber auch sein Funktionsumfang/Nutzen ist sehr begrenzt.

Hinweis

Für den F-Droid Store ist bisher nicht bekannt, dass dort eine schadhafte App gefunden wurde. Gerade fortgeschrittene Nutzer beziehen daher einen Großteil ihrer Apps aus dem F-Droid Store.

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6.2 iOS: Tipps zur Vermeidung von Schadsoftware

iOS-Nutzer können Apps ausschließlich aus dem App Store laden – außer man umgeht diese Beschränkung durch einen Jailbreak. Eine Ausnahme stellen wie aufgezeigt Firmenzertifikate dar, mit denen sich Apps am App Store vorbei auf iOS-Geräten installieren lassen. Wenn ihr euch an die nachfolgenden Tipps haltet, reduziert sich die Wahrscheinlichkeit erheblich/gegen null, von Schadsoftware betroffen zu sein:

  • Genau hinschauen: Das Angebot im App Store ist vielfältig. Trotz der Anstrengungen von Apple ist auch mal die ein oder andere Schadsoftware dabei. Es ist daher empfehlenswert, genau hinzuschauen und nicht jede App zu installieren. Insgesamt ist die Gefahr, sich über den App Store eine Schadsoftware einzufangen, als äußerst gering zu bewerten.
  • Firmenzertifikat prüfen: Wenn euch euer iOS-Gerät unerwartet zum Installieren unbekannter Zertifikate auffordert, solltet ihr dies ablehnen. Die Installation solcher Zertifikate ist im Normalfall nur im Unternehmensumfeld notwendig und wird von einem Administrator durchgeführt/begleitet.

7. Die Gefahren liegen woanders

Sofern man Apps ausschließlich aus vertrauenswürdigen Quellen installiert, ist das Risiko, sich eine Schadsoftware unter Android/iOS einzufangen, äußerst gering. Oder anders formuliert: Die tatsächlichen Gefahren liegen eigentlich woanders.

Vielmehr drohen andere Gefahren für Nutzer wie Phishing, Mobilfunk-Abzocke/Abo-Fallen, falsche Gewinnspiele etc. Für einige dieser Bedrohungen bieten Virenscanner-Apps bzw. Sicherheits-Apps oftmals ebenfalls/zusätzlich einen Schutz. An dieser Stelle muss man sich allerdings fragen, ob es sinnvoll ist, einer App zu vertrauen, die mehr Daten an den Anbieter oder Marketing-Unternehmen übermittelt, als für die Funktionserbringung notwendig ist. Nicht selten haben Virenscanner-Apps mehr Tracking-Bibliotheken integriert, als ich Finger an einer Hand abzählen kann – angesichts des Risikos für Sicherheit und Datenschutz, das mit der Einbindung von Tracking-Bibliotheken einhergeht, sollte man auf die Installation dieser vermeintlichen Sicherheits-Apps besser verzichten. Gerade im Sicherheitskontext, bei dem es auch erheblich auf Vertrauen ankommt, haben Tracking-Bibliotheken nichts zu suchen.

Nachfolgend ein paar Vorschläge gegen weit verbreitete Bedrohungen:

  • Fake- und Phishing-Seiten: Online-Warnsysteme, die im Browser integriert sind (bspw. Google Safe Browsing) warnen oftmals zu spät vor Fake- und/oder Phishing-Seiten. Entsprechende Seiten sind meist nur wenige Stunden online, bevor sie wieder verschwinden. Wirklich wirksam gegen solche Betrugsseiten ist eine gesunde Portion Skepsis/Awareness, die mit der Überprüfung der verlinkten URL einhergeht.
  • Mobilfunk-Abzocke/Abo-Fallen: Einmal nicht aufgepasst und man hat ein kostenpflichtiges Abo abgeschlossen, das plötzlich auf der nächsten Mobilfunkrechnung auftaucht. Vor diesen Abofallen schützen am besten Drittanbietersperren, um die Zahlung über die Mobilfunkrechnung an Dritte zu unterbinden.
  • Schadhafte Werbung: Gegen die Auslieferung von Werbung, die Schadcode (Malvertising) beinhaltet oder Nutzer verängstigen (Scareware), damit diese eine App/Produkt installieren, helfen Werbe- und Trackingblocker.

Hinweis

In der Empfehlungsecke sind weitere Tipps/Tricks zusammengefasst.

8. Fazit

Sicherheit zählt zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Übertragen auf die digitale Welt bedeutet das: Niemand möchte Schadsoftware auf seinem Gerät haben, über die er ausgespäht oder erpresst werden kann. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, wenn sich besorgte/verängstigte Nutzer Virenscanner-Apps auf ihren mobilen Endgeräten (Android/iOS) installieren. Die regelmäßigen (Schreckens-)Meldungen zu Trojanern, Viren und anderer Schadsoftware (engl. Malware) tun ihr Übriges.

Wie im vorliegenden Beitrag aufgezeigt, schränkt die Sicherheitsarchitektur (Sandbox-Modell) von Android/iOS die Funktionsweise von Virenscanner-Apps derart ein, dass diese nicht wirksam/zuverlässig arbeiten können. Apple hat Virenscanner-Apps daher nicht ohne Grund aus dem App Store entfernt. Der Sicherheitsgewinn ist kaum bzw. nicht vorhanden – eher das Gegenteil: Durch die Installation einer Virenscanner-App stellt sich beim Nutzer ein falsches/trügerisches Sicherheitsgefühl ein. Als Folge installieren sich Android-Nutzer womöglich Apps/APKs aus dubiosen Quellen, anstatt auf vertrauenswürdige App-Stores (Google Play Store, F-Droid) zu setzen.

Wer seine Apps ausschließlich aus etablierten App Stores wie dem Google Play Store, F-Droid oder Apples App Store bezieht, muss keinen zusätzlichen Virenscanner installieren. In Wirklichkeit liegen die Gefahren woanders: Phishing, Mobilfunk-Abzocke/Abo-Fallen, falsche Gewinnspiele, Geräteverlust etc. stellen unmittelbare Bedrohungen dar, vor denen insbesondere eine gesunde Portion Skepsis/gesunder Menschenverstand schützen kann.

Bildquellen:

Anti Virus: rddrt from www.flaticon.com is licensed by CC 3.0 BY

Über den Autor | Kuketz

Mike Kuketz

In meiner freiberuflichen Tätigkeit als Pentester / Sicherheitsforscher (Kuketz IT-Security) schlüpfe ich in die Rolle eines »Hackers« und suche nach Schwachstellen in IT-Systemen, Webanwendungen und Apps (Android, iOS). Des Weiteren bin ich Lehrbeauftragter für IT-Sicherheit an der Dualen Hochschule Karlsruhe, sensibilisiere Menschen in Workshops und Schulungen für Sicherheit und Datenschutz und bin unter anderem auch als Autor für die Computerzeitschrift c’t tätig.

Der Kuketz-Blog bzw. meine Person ist regelmäßig in den Medien (heise online, Spiegel Online, Süddeutsche Zeitung etc.) präsent.

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Diskussion

1 Ergänzungen zu “Trügerische Sicherheit: Virenscanner-Apps sind schlichtweg überflüssig”

  1. Comment Avatar Dan sagt:

    Es gibt noch einen dritten, relativ sicheren Weg zur Softwareinstallation unter Android: APK-Datei direkt vom Hersteller. Gibt es so bspw. für Cryptomator und Threema wenn man eine Lizenz außerhalb des Play Stores kauft.

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