Bundesmeldegesetz: Datenweitergabe durch Meldebehörden?

Seit dem das neue Meldegesetz vom 1. November 2015 in Kraft ist, sollte die Weitergabe von persönliche Meldedaten an Firmen für Werbung oder Adresshandel eigentlich der Vergangenheit angehören. Es gilt: Damit die Meldebehörden Adressdaten für Werbezwecke und Adresshandel weitergeben dürfen, ist eine ausdrückliche Zustimmung notwendig – früher musste noch explizit widersprochen werden.

Soweit die Theorie. Ich habe jetzt schon drei E-Mails in meinem Postfach gesammelt, in denen die Einsender behaupten, nach ihrem Umzug hätten sie Post und Werbung von diversen Unternehmen erhalten. Mit Bezug auf das aktuell gültige Bundesmeldegesetz (BMG) konnte ich das kaum glauben. Es sei denn, es gibt ein »Hintertürchen«?

Schauen wir doch mal in §44 Abs. 3 BMG:

Die Erteilung einer einfachen Melderegisterauskunft ist nur zulässig, wenn

  1. die Identität der Person, über die eine Auskunft begehrt wird, auf Grund der in der Anfrage mitgeteilten Angaben über den Familiennamen, den früheren Namen, die Vornamen, das Geburtsdatum, das Geschlecht oder eine Anschrift eindeutig festgestellt werden kann, und
  2. die Auskunft verlangende Person oder Stelle erklärt, die Daten nicht zu verwenden für Zweckea) der Werbung oder
    b) des Adresshandels,

es sei denn, die betroffene Person hat in die Übermittlung für jeweils diesen Zweck ausdrücklich eingewilligt. Eine Einwilligung nach Satz 1 Nummer 2 kann gegenüber der Meldebehörde als eine generelle Einwilligung für einen oder beide der dort genannten Zwecke erklärt und widerrufen werden. Liegt der Meldebehörde keine generelle Einwilligung vor, bedarf es der Einwilligung gegenüber der Auskunft verlangenden Person oder Stelle. Die Einwilligung gegenüber der Auskunft verlangenden Person oder Stelle muss gesondert erklärt werden und sich ausdrücklich auf die Einholung einer Melderegisterauskunft für jeweils diesen Zweck beziehen. Auf Verlangen sind der Meldebehörde von der Auskunft verlangenden Person oder Stelle Nachweise über die Einwilligungserklärung vorzulegen. Die Meldebehörde hat das Vorliegen von Einwilligungserklärungen stichprobenhaft zu überprüfen. Liegen der Meldebehörde bezüglich der Einwilligungserklärung nach Satz 4 konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Behauptung der Auskunft verlangenden Person oder Stelle vor, hat sie von Amts wegen zu ermitteln. Bis zum Abschluss der Ermittlungen werden der Auskunft verlangenden Person oder Stelle keine Auskünfte erteilt.

Entscheidend finde ich:

Liegt der Meldebehörde keine generelle Einwilligung vor, bedarf es der Einwilligung gegenüber der Auskunft verlangenden Person oder Stelle.

und

Die Meldebehörde hat das Vorliegen von Einwilligungserklärungen stichprobenhaft zu überprüfen.

Für mich bedeutet das: Ich darf eine Einwilligung für Werbung und Adresshandel nicht nur gegenüber der Meldebhörde erklären, sondern auch gegenüber »der Auskunft verlangenden Person oder Stelle«, also bspw. gegenüber einem Unternehmen. Wenn ein Unternehmen oder Adresshändler also behauptet, ihm liege eine Zustimmung der betroffenen Person zur Abfrage seiner Meldedaten vor, dann sollte das schon ausreichen, um die Auskunft zu erhalten.

Und hier liegt auch die »Schwachstelle«. Wer prüft denn, ob einem Unternehmen die Einwilligung vorliegt? Die Meldebehörden sind zwar angehalten »stichprobenhaft« zu prüfen, was mir hinsichtlich der dünnen Personaldecke allerdings als reines Luftschloss erscheint.

Fazit: Vor in Kraft treten des neuen BMGs konnte man der Datenweitergabe zumindest noch explizit widersprechen. Mit dem neuen BMG hingegen sollte der Widerspruch ja eigentlich nicht notwendig sein. Allerdings deuten die E-Mails auf einen möglichen Missbrauch von §44 Abs. 3 BMG durch Unternehmen und Adresshändler hin.

Wer mehr Infos zu diesem Thema hat oder ähnliches erlebt hat, der kann mich gerne kontaktieren.

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